Einblicke in ein CommTech Pilotprojekt eines B2B Mittelständlers.
Sie kennen dieses Szenario?
Ein europaweit tätiger Mittelständler wirbt mit diversen Kampagnen auf verschiedenen Kanälen. Mit erheblichem personellen Aufwand werden die Ergebnisse in Excel oder PowerPoint aufbereitet, wobei die Kanäle isoliert analysiert und nicht-integrierte Aussagen erzeugt werden.
Kaum präsentiert, sind die Ergebnisse schon wieder veraltet. Es fehlen der laufend aktualisierte, ganzheitliche Überblick und daraus abgeleitete, wertstiftende Aktivitäten über Abteilungen hinweg.
Angesichts des erheblichen Drucks auf Kommunikationsbudgets und der Notwendigkeit, Ressourcen effizienter zu nutzen, ist es nicht an der Zeit, Daten als treibende Kraft für Erkenntnisse und Innovationen zu nutzen?
Wird ein solches Datenprojekt begonnen, müssen die verschiedenen Anforderungen vom Management nach integrierter und schneller Perspektivgewinnung sowie von den Fachabteilungen nach Effizienz und Anpassungsfähigkeit der Kommunikationsstrategien adressiert werden.
Relevante Daten aus verfügbaren Quellen (bspw. Google Analytics, LinkedIn, Hubspot, Meltwater oder Excel) fließen dafür in ein Dashboard zusammen, um eine übergreifende Auswertung zu ermöglichen und kontextbezogene Handlungsempfehlungen abzuleiten.
Viele Unternehmen wissen nicht, wie und wo sie anfangen sollen. Doch es gibt immer mehr, die sich auf den Weg machen
Ein Beispiel:
Der B2B-Mittelständler entscheidet sich dafür, Kommunikation datengetrieben zu managen und optimieren.
In einem Pilotprojekt wird möglichst schnell ein Minimum Viable Product (MVP) entwickelt. Ein MVP ist ein funktionsfähiges Produkt mit kleinstmöglichem Umfang für einen realen Anwendungsfall.
Mit überschaubarem Aufwand werden hier erste Insights und Learnings generiert. Beim Test kann bewertet werden, ob die ersten Funktionen bereits einen Mehrwert bieten.
Mit einem MVP können internen Stakeholdern Potentiale für ein umfassenderes Produkt aufgezeigt werden. Ist dies genehmigt, hilft es, die jeweils nächstwichtigste Funktion zu finden und im weiteren Prozess Fehlentwicklungen zu vermeiden (vgl. Greiner, Berger, Böck, 2022, S. 49 f.).
Bei der Realisierung des MVP gehen wir in folgenden Schritten vor:
1. In einer Ist-Analyse erfasst das Data Analytics Team die verfügbaren Datenquellen und -qualitäten sowie aktuelle Workflows, mit denen die Daten verknüpft sind. Ziel ist, für das MVP low-hanging-fruits – also leicht erreichbare Ziele oder Aufgaben – zu identifizieren, die mit minimiertem Aufwand bearbeitet werden können, um schnell Mehrwerte aufzuzeigen.
2. Parallel dazu werden User Stories unterschiedlicher interner Stakeholder entwickelt. Sie formulieren Anforderungen an die Analyse aus der Sicht von Personen, die später mit den gewonnenen Erkenntnissen arbeiten werden. Die User Stories werden zu messbaren Hypothesen verdichtet, die im MVP analysiert werden (siehe Abb. 1).
Der Mittelständler entscheidet sich, im Pilotprojekt vier Hypothesen in Bezug auf LinkedIn zu bearbeiten. Im Vordergrund stehen dabei Fragestellungen, die im bestehenden Toolset bis dato nicht analysiert werden können, so z.B. die Wahrnehmung des Unternehmens innerhalb unterschiedlicher Zielbranchen und Geschäftsbereiche.

3. Wir erstellen einen Datenworkflow, der die Daten von LinkedIn Analytics für gesponserte und organische Posts, Daten aus dem Redaktionsplan und aus eigenen Reportings für die Analyse zusammenfügt, verarbeitet und auswertet. Durch eine automatisierte Verschlagwortung werden die Analysedimensionen „Branchen“ und „Geschäftsbereiche“ hinzugefügt und mit den vorhandenen Daten verknüpft.
4. Zur Visualisierung der Ergebnisse werden interaktive Dashboards erstellt, die den Erfolgsgrad der Aktivitäten auf einen Blick sichtbar machen.


Erste Erkenntnisse und Handlungsempfehlungen aus der Analyse
Die Analyse der einzelnen Branchen zeigt den Grad der User-Interaktionen in Bezug auf beworbene und nicht-beworbene Inhalte auf LinkedIn.
Die Ergebnisse belegen, dass die bearbeiteten Zielgruppen ingesamt überdurchschnittlich gut mit den Inhalten interagieren (siehe Abb 2). Bei näherer Betrachtung fällt auf, dass die Engagementrate im Geschäftsbereich Strahlensterilisation 40 Prozent höher liegt als im Bereich Strahlenvernetzung (siehe Abb.2: 7,95 Prozent vs. 5,59 Prozent, grüne Balken vs. graue Balken).
Das bedeutet, die User interagieren mehr mit Inhalten aus dem Bereich Strahlensterilisation als mit denen aus dem Bereich Strahlenvernetzung. Da das Unternehmen originär aus diesem Bereich kommt, ist dies nicht verwunderlich.
Die weitere Aufschlüsselung der Daten nach gesponserten Engagementraten nach Branchen und Geschäftsbereichen zeigt, dass innerhalb der Strahlensterilisation der Bereich Labor höheres Engagement aufweist als die Kernbranche Medizintechnik (3,19 Prozent vs 2,06 Prozent).
Dieses Ergebnis war nicht zu erwarten: Da Medizintechnik die wichtigste Branche des Unternehmens ist, leitet sich daraus die Handlungsempfehlung ab, Budgets zugunsten von Inhalten rund um Medizintechnik zu erhöhen.
Damit könnte die Wahrnehmung des Unternehmens in der Branche weiter gestärkt und Engagements somit erhöht werden. Selbiges gilt in Bezug auf die Branchen Infrastruktur vs. Automobil.
Aus strategischer Sicht wird der Bereich Infrastruktur mit Unternehmen aus der Energie – und Versorgungsbranche für den Mittelständler immer relevanter, so dass eine erhöhte Sichtbarkeit innerhalb dessen aus kommunikativer Sicht angestrebt werden sollte.
Es empfiehlt auch eine genauere Analyse der hohen Engagmentrate im Bereich Labor.
Können hier Erkenntnisse gewonnen werden, warum dieser Bereich so gut von den Usern angenommen wurde? Gibt es Learnings daraus, die auf andere Bereiche übertragen werden können?
Zusammenfassung und Ausblick
💡 Bereits das MVP liefert Analyseergebnisse, die bis dato nicht möglich waren und zeigt damit konkrete Anhaltspunkte auf, die Kommunikationsstrategie auf LinkedIn anzupassen.
💡 Der existierende Datenworkflow kann jetzt um weitere Fragestellungen (User Stories) und Daten aus anderen Kanäle ergänzt werden, um regelmäßige, erweiterte Reportings auf Knopfdruck zu ermöglichen.
💡 Die hier angewandte Analysemethode ist deskriptiv, d.h. sie befasst sich mit der Betrachtung der Vergangenheit und ermöglicht mittels automatisierter Datenabfrage ad-hoc Analysen. Fortgeschrittene Diagnosen beschäftigen sich bspw. mit der Analyse von unbekannten Strukturen (z.B. Zielgruppencluster, Topic Modelling) oder Vorhersagen und sind dadurch komplexer. Da jedes Datenprojekt mit einer deskriptiven Analyse startet, bildet die hier gezeigte Methode einen sehr effizienten Einstieg in datengestützte Kommunikation, die im Verlauf um weitere Methoden ergänzt werden kann.
💡 Das Beispiel zeigt: Bereits in der deskriptiven Analyse können bestehende Daten eines Kanals durch neue Analysedimensionen angereichert werden und so neue, wertvolle Informationen hervorbringen.
💡 User Stories definieren passgenau die angestrebten Erkenntnisgewinne, die letzten Endes für eine präzisere und zielgerichtetere Kommunikationsarbeit erforderlich sind. Und sie weisen den Weg für maßgeschneiderte Datenprodukte, die datengestützte Entscheidungen auf operativer und strategischer Ebene in der Unternehmenskommunikation möglich machen.
Fazit
Nur was gemessen wird, kann auch verbessert werden – und nur durch kontinuierliche Optimierung und Analyse kann Unternehmenskommunikation ihren Wert voll entfalten.
In Zeiten, in denen Kommunikationsbudgets unter Druck stehen, ist es unabdingbar, den der Unternehmenskommunikation inhärenten Datenschatz zu heben. Die gewählten Schwerpunkte und der Umfang können dabei unternehmensspezifisch variieren. Aber eines steht fest: Nur harte Zahlen können die tatsächliche Wertschöpfung von Kampagnen und Maßnahmen zuverlässig belegen und letztlich die Budgets sichern. Die Fähigkeit, datengetriebene Strategien zu entwickeln, kann dabei helfen, den größtmöglichen Nutzen aus den verfügbaren Mitteln zu ziehen und gleichzeitig Wettbewerbsvorteile zu sichern.
Fortgeschrittene Anwendungen und Know-How in Datenmanagement und Analytics bilden hierfür eine wesentliche Voraussetzung. Der Umgang mit großen Datenmengen und die Fähigkeit, in komplexen Strukturen Muster zu erkennen und Handlungsempfehlungen daraus abzuleiten, wird dabei immer wichtiger.
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Literaturverzeichnis:
Greiner, R., Berger, D., Böck, M. (2022). Analytics und Artificial Intelligence. Wiesbaden: Springer Gabler